Seitensprung: Chance oder Endstation?
Von Nele, veröffentlicht am 21.05.2018
Ob betrunkener Ausrutscher oder kurze Affäre – im Rausch des Augenblicks, wenn wir den Kopf ausschalten und uns ganz der Lust hingeben, fühlt sich ein Seitensprung sexy an. Der Reiz des Verbotenen wirkt wie ein Aphrodisiakum, auch wenn wir unsere Tat am nächsten Morgen vielleicht schon bitter bereuen. Denn Fremdgehen ist natürlich nicht nur Spaß, sondern tut in den meisten Fällen auch verdammt weh – nicht nur dem Betrogenen. Aber muss ein Seitensprung die Liebe zwangsläufig beenden oder kann er sie womöglich auch neu entfachen?
Warum gehen wir eigentlich fremd?
De facto gehen sehr viele Menschen fremd, je nach Statistik sind es etwa die Hälfte der Männer und rund 40 Prozent der Frauen. Und das sind nur diejenigen, die es in einer Umfrage zugegeben haben. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein. Motive zum Fremdgehen gibt es viele. Dabei ist die Unzufriedenheit mit dem Partner nur eine davon. Übermut, Sehnsucht, Neugier, Geilheit, Langeweile – die Liste ist lang und zeigt, dass Seitensprünge nicht immer ein Beweis für eine kaputte Beziehung sein müssen.
Beichten oder schweigen?
Eine kurze Liaison muss nicht zwangsläufig zum Beziehungs-Aus führen. Und nicht zwingend ist es nötig, einen Seitensprung zu beichten. Vor allem nicht, wenn er lediglich ein einmaliger Fehltritt in Form eines kurzen One-Night-Stands war. Entscheidend ist, warum er passiert ist, wo wir gleich bei der nächsten Frage wären:
Die Frage nach dem Warum
Auch wenn es weh tut: Seid ehrlich miteinander! Sprecht offen über Eure Gefühle, Sehnsüchte und Träume. Klar, die Verantwortung liegt zunächst einmal bei demjenigen, der betrogen hat. Trotzdem sollte es nicht um Schuldzuweisungen gehen, sondern darum, eine Krise (gemeinsam) zu meistern. Dazu gehört auch zu verstehen, warum der Seitensprung überhaupt geschehen ist. Klärt, was beide dazu beigetragen haben. Die „Schuld“ liegt nie bei einem allein. Welche Dynamik hat einen Seitensprung begünstigt? Hat sie sich nur mit den Kindern beschäftigt und ihn auf Platz Zwei abgeschoben? War ihm sein Job wichtiger als sie? Wofür stand die Affäre? Funktionierte sie als Lückenbüßer? Als Hilfsmittel gegen Langeweile? Als Abstandshalter, weil einer geklammert hat? Wer als Betrogener die Antworten kennt, dem fällt es leichter, die dritte Person nicht als schöner und aufregender zu idealisieren – und das wiederum nimmt viel vom Schmerz. Wichtig zu wissen: Es geht nicht allein darum, alte Wunden zu heilen, sondern gemeinsam eine neue Beziehungs-Basis zu schaffen.
Eifersucht, Misstrauen, Selbstzweifel
Heimliche Handykontrollen, Flaute im Bett, schnippische Kommentare – der/die Betrogene kämpft immer wieder mit Verlustängsten und Eifersuchtsanfällen. Solche Nachbeben sind völlig normal. Vertrauen stellt sich nicht von heute auf morgen wieder ein. Und wenn ein geliebter Mensch unser Vertrauen missbraucht, fühlt sich das nun mal bescheiden an. Vor allem, weil wir dazu neigen, den Seitensprung in unserer Fantasie auszuschmücken. Das Kopfkino läuft auf Hochtouren. Es ist verständlich, dass wir Details erfahren wollen. Auch wenn es schwer fällt: Konzentriert Euch nicht zu sehr auf die dritte Person. Es hilft nicht, alle intimen sexuellen Details zu kennen. Das belastet nur unnötig und lenkt davon ab, über die eigene Beziehung nachzudenken.
Seitensprung als Chance?
Wer von seinem Partner betrogen wird, ist in aller Regel tief verletzt. Aber hat ein Seitensprung vielleicht auch etwas Gutes? Oh ja, denn Fremdgehen ist in den meisten Fällen ein Zeichen dafür, dass derjenige, der betrügt in der Beziehung unzufrieden ist. Was fehlt Euch? Was wünscht Ihr Euch? Braucht Ihr mehr Zeit miteinander? Oder hockt Ihr womöglich zu dicht aufeinander? Lebt aus, was Euch bisher fehlte, findet Kompromisse, wenn Ihr unterschiedliche Vorstellungen habt. Schafft Euch Räume, in denen nur Eure Liebe im Fokus steht. Das kann ein erotischer Wochenendtrip oder ein fester Abend in der Woche sein, der nur Euch beiden gehört und an dem Ihr nicht über dröge Haushaltspflichten redet. So eine Krise kann einen tatsächlich wieder enger zusammenbringen. Viele Paare, die sich nach einer Affäre nicht getrennt haben, berichten von einer neuen Verliebtheits-Phase, von mehr Sex und mehr Innigkeit. Also, gebt der Liebe ruhig eine zweite Chance!